Die Idee
„Und ich sage es gleich heraus und schäme mich nicht, zu behaupten, dass nach der Theologie keine Kunst sei, die mit der Musik könne verglichen werden…“
Musik war vor 500 Jahren ein zentraler Motor für die Reformation. Martin Luther gelang es, den muttersprachlichen Gemeindegesang im Gottesdienst neu zu etablieren und damit die Menschen seiner Zeit aktiv am reformatorischen Geschehen zu beteiligen. Das Neue Lied war dabei für ihn ein zentrales und lebenswichtiges Thema, das er mit Elan und hohem Anspruch verfolgte. Gottes Botschaft singen und sagen und sie gleichzeitig in aktuelle Lebensbezügen verankern – das war Luthers Anliegen und es beflügelt seit jeher auch andere Komponisten geistlicher Musik.
In kaum einem anderen Werk unserer Zeit ist dieses Bestreben eindrucksvoller zu erleben als in der Lukaspassion von Krzysztof Penderecki. Das Werk spannt den Bogen zwischen Tradition und Avantgarde, bedient sich klassischer und experimenteller Stilmittel. So erlebt das Passionsoratorium, eine seit dem 18. Jahrhundert nahezu bedeutungslose Gattung, durch Krzysztof Penderecki eine phänomenale Wiedergeburt, die nicht bei der Darstellung des historischen Stoffes stehenbleibt, sondern elementare Menschheitserfahrungen unserer Zeit formuliert: „Die Passion ist das Leiden und der Tod Christi, aber sie ist auch das Leiden und der Tod von Ausschwitz… In diesem Sinne soll sie nach meinen Absichten und Gefühlen universellen, humanistischen Charakter haben.“
Die Lukaspassion zeigt als ein Schlüsselwerk der Neuen Musik im Reformationsjubiläum nicht nur, dass engagierte Neue Musik selbstverständlicher Bestandteil der Kirche ist, sondern begegnet dem aktuellen gesellschaftlichen und politischen Zeitgeschehen mit einem musikalischen Ausnahmewerk, das jenseits konfessioneller Schranken zu Reflexion und Diskurs anregt.
Mitwirkende
Die Lukaspassion beeindruckte durch ihre große Besetzung: drei Gesangssolisten, ein Sprecher, drei gemischte Chöre, ein Knabenchor und ein Orchester in erweiterter Besetzung mit umfangreichem Schlagwerk, Saxophon, Klavier, Harmonium und Orgel gestalteten das groß angelegte Oratorium. Die musikalische Leitung übernahm der polnische Dirigent Antoni Wit, der bei Krzysztof Penderecki studierte.