Klassentreffen der Kirchenmusiker

von | 06. April 2017

Man merkt, es wird richtig gut, richtig intensiv – ein Interview mit Sybille Groß

Schon die ganze Woche hindurch konnten wir von unserer Schule den regen Betrieb auf dem Gelände des an unsere Schule angrenzenden Michaelisklosters beobachten. Die Proben für den Chor in der Lukaspassion laufen auf Hochtouren. Es riecht nach Essen, man hört zahlreiche Gepräche und auf den Gängen laufen die verschiedensten Menschen mit Namensschildern herum, als wir am Montagmittag, direkt nach der ersten Probenzeit zu Besuch kommen dürfen. Der Begriff “Klassentreffen der Kirchenmusiker” fällt. Man scheint sich untereinander zu kennen. Wir bekommen die Möglichkeit mit einer Mitwirkenden ein Gespräch zu führen. Es ist Sybille Groß, Kreiskantorin in Buxtehude und eine der viele Sängerinnen im Chor:

Wie lange singen Sie schon?

Oh, seit ich fünf bin, sing ich im Kinderchor. Dann ganz lange gar nicht und in eine richtig hauptamtlich geführte Kantorei bin ich gekommen, als ich gerade 15 war. Im Moment bin ich Kreiskantorin an einer großen Stelle und leite selber fünf Chöre in Buxtehude. Ich habe jetzt gerade gestern ein großes Oratorienkonzert geleitet und bin deshalb noch so ein bisschen im Delirium.

Wie haben Sie von dem Projekt der Lukaspassion erfahren?

Auf dem normalen Weg, als Kreiskantorin wurden wir schon vor zwei Jahren informiert, weil wir gebeten wurden, uns diesen Zeitraum freizuhalten, damit wir hier sein können. Wir sind ja als hauptamtliche Kirchenmusiker im Stress, weil wir Passionszeit haben und von daher alle selber viel musikalisch veranstalten. Und da hat man uns schon vor zwei Jahren gebeten, diesen Zeitraum freizuhalten, um dann auch hier sein zu können, deswegen wissen wir das eigentlich schon ganz schön lange.

Haben Sie sich dann auch direkt angemeldet?

Nein, die Anmeldung kam dann noch nicht. Ich hatte das zumindest in meinem Kalender stehen. Wenn ich dieses Wochenende ein Konzert gehabt hätte, dann wäre es ja gar nicht möglich gewesen hier zu sein.

Hatten Sie spezielle Erwartungen an das Projekt und wenn ja, haben sich diese erfüllt?

Wir sind ja jetzt gerade ganz am Anfang, also wir sind ganz frisch hier. Es ist ganz klar, dass man mit Erwartungen kommt, das hat viele Gründe. Erstmal ist das auch für uns, die wir jeden Tag mit Musik umgehen und auch mit Chören arbeiten, etwas, was wir alle so nicht machen. Diese spezielle Art von Musik kann keiner unserer Chöre so leisten, da muss man in einer gewissen Weise geschult sein. Dann ist es auch immer ganz schön – und daraus ist diese Idee ja auch letztendlich entstanden – wenn wir als Hauptamtliche Kirchenmusiker hier zusammenkommen, mal zusammen sind, weil wir immer ganz alleine an unserer Stelle sind. Um uns herum sind immer ganz viele Pastoren und ganz viele andere, aber es gibt in der Regel immer nur einen hauptamtlichen Kirchenmusiker in einem bestimmten Gebiet und der nächste ist ziemlich weit weg. Und es ist total schön, mal seine Kollegen zu treffen, mal mit ihnen eine Woche zu verbringen, sich am Rande mal auszutauschen und etwas Tolles gemeinsam zu machen, mit dem man sich dann auch nach außen präsentiert. Und ich glaube dieses Projekt wird für uns ganz spannend sein.

Haben Sie sich davor schon einmal mit der Penderecki beschäftigt?

Ja, ich habe mir das Stück angehört, selber gesungen habe ich noch nie etwas von ihm. Ich habe auch Noten gesehen, aber noch nicht geleitet oder ähnliches, das ist alles sehr schwer, insbesondere für Laienchöre.

Singen denn auch Laiensänger mit ihm Chor oder wurden nur ausgebildete Musiker gefragt, mitzusingen?

Ich glaube wir wurden als hauptamtliche Kirchenmusikern zuerst angesprochen, wurden dann aber auch gefragt, ob wir in unseren Chören Menschen haben, die so etwas leisten können. Es ist zum Bespiel unter den Kirchenmusikern so, dass es ein Unverhältnis gibt in der Ausgewogenheit der einzelnen Stimmen. Wir sind in der Regel in der Landeskirche zu wenig Frauenstimmen und so wurden wir auch gefragt, ob jemand aus unseren Chören das singen können – wir haben ja auch teilweise sehr, sehr gute Sänger – die dann aber auch eben eine Woche hierbleiben müssen.

Proben Sie schon mit Orchester oder erstmal nur als Chor?

Also wir haben ja jetzt gerade erst angefangen, das war jetzt die erste Probenphase und wir sind heute alleine hier, ich glaube morgen früh werden wir auch noch hier proben und wir werden morgen Nachmittag schon zur ersten Orchesterprobe nach Hannover fahren, das ist ein ganz wahnwitzig unglaublich kurzer Zeitraum für einen Chor. Jetzt erst zusammenzukommen mit einem so schweren Stück, das ist für uns auch schwer das zu machen.

Auch wenn Sie bislang nur den Vormittag zusammen gesungen haben, können Sie die Atmosphäre beschreiben?

Man spürt eine ganz große Erwartung, man hört schon Stellen, wo man merkt „Das wird richtig gut, das wird richtig intensiv“. Es gab auch Momente, wo man einfach hört, dass wir noch nicht zusammen sind, es schwer ist und so weiter. Wir haben einen fantastischen Chorleiter, der das mit und einstudiert und das ist ganz wichtig für die Atmosphäre, also was von vorne von der Chorleitung kommt, überträgt sich auf einen ganzen Chor. Und ich habe mich sehr auf Christfried Brödel gefreut, weil ich ihn schon einmal kennen gelernt habe und weiß, was er für eine sympathische Ausstrahlung hat, sehr fordernd, aber man muss keine Angst haben. Wenn ein Chorleiter ausstrahlt „ihr könnt das nicht, ihr seid für mich nicht gut genug“, dann hat man Angst und kann nicht das leisten, was man leisten muss. Er hat eine fantastische Ausstrahlung auf den Chor und ich glaube, das wird er toll mit uns einstudieren. Insofern sind wir da ganz gelassen.

Das hören wir natürlich gerne, bedanken uns hiermit herzlich für das schöne Gespräch und wünschen viel Erfolg!

Dora Borcholt

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